Wechselbad der Gefühle

Was wir gestern im Haus Planaterra 11 erlebt haben, war ein Wechselbad der Gefühle. Krass ausgedrückt feierten wir erst fröhlich einen Geburtstag und zwei Stunden später mussten wir vom möglichen Betriebsende „unseres“ Restaurants KulturPunkt erfahren.

Wir hatten ja diese Einladung zu einer Sitzung mit zwei Personen aus der Betriebsleitung des Restaurants, auf 18 Uhr. In der Annahme, dass zwei Stunden vorher schon die meisten Mitbewohnenden im Haus sind, hat unsere Martina spontan eine e-mail an alle verschickt: „Lade euch gerne vor der Sitzung in meine Wohnung ein, um mit mir auf meinen Geburtstag anzustossen“. Und das hat funktioniert! es gab ein lustiges Treffen an Martinas rundem Tisch: Hoch soll sie leben!

Aber wir wussten ja, dass es zum Thema „KulturPunkt“ nicht mehr viel zu lachen gab. Wenige Tage vorher waren alle im Haus von einem Herrn Eric, den die wenigsten je gesehen hatten, in einem Rundschreiben ziemlich unsensibel so informiert worden:

Der Vorstand sieht sich vor der Dringlichkeit, einerseits die Personalkosten zu reduzieren und andererseits bis Ende Sommer zusätzlich CHF 100’000.- zu generieren. Gelingt dies nicht, muss das Projekt per Ende September 2023 eingestellt werden.

Da war nun guter Rat teuer, denn offensichtlich fehlen die Gäste. Während zwei Stunden wurden Vorschläge gemacht wie „Montag offen – Samstag zu“ anstatt umgekehrt, Freiwillige an die Abwaschmaschine, Foundraising. Denn wie wir wissen geht es ja um mehr als um eine neue Beiz in Chur: KulturPunkt hat eine soziale Aufgabe, will Menschen aus diversen Kulturen zusammenbringen. Nun, schon am Samstag, 10. Juni, gibt es dazu die beste Gelegenheit. Dann werden nämlich mehrere Hochbeete vor dem KulturPunkt eingeweiht. Das HEKS lädt alle dazu ein, hier die Erde zu bewirtschaften und „Samenbomben“ zu bauen. (Aber ich habe keine Ahnung, was das für Bomben sind – hoffentlich nichts Gefährliches.)

Unser Bild zeigt Martina an ihrem spontanen Geburtstagsfest.

Wir haben derzeit vierbeinige Gäste!

Das Einweihungsfest Planaterrastrasse11 vom letzten Wochenende habe ich leider verpasst – war halt gerade auf Wanderreise im Süden. Nun, inzwischen ist es ja wieder ruhiger geworden auf unserm Gelände in und ums Haus herum. Und doch trügt der Schein, denn wir haben derzeit vierbeinige Gäste! Auf der steilen Halde hinterm Haus tummeln sich nämlich 33 Schafe.

Wie kommt die Genossenschaft Planaterra11 zu diesen netten Tieren? Es sind die Schafe der Bäuerin Flavia Brüesch und ihrem Mann Tinu. Die beiden betreiben einen Biohof auf der andern Seite der Plessur, nämlich auf Hilarien unweit der Malixerstrasse. Bevor die Herde im Sommer auf die Alp im Avers disloziert geht es zum Grasen auf etwa zwanzig Weiden rund um die Stadt Chur. Eine solche Weide ist eben traditionsgemäss die Halde, die zu unserer Liegenschaft gehört. Diese Wiese mit den Obstbäumen steht derzeit in saftigem Grün, und es ist klar, dass sich die Brüesch-Schafe hier wohlfühlen. Es seien übrigens verschiedene Rassetiere, die für die Fleisch- und Lammfell-Verarbeitung gezüchtet werden, sagt mir Tinu am Telefon. Auch seien Mutterschafe dabei, die im letzten Dezember geboren hatten.

Da also derzeit keine trächtigen Tiere dazu gehören muss niemand Hebamme spielen. Hingegen aufpassen, dass sich keines der Schafe im Netz verfängt, sollen wir schon. Und sonst ist es einfach schön, direkt am Rand der Altstadt die lebendige Natur erleben zu können! Wenn es auch nur für etwa vier Tage ist, denn nachher zieht die Herde zur nächsten Weide, so sagen wir von der Genossenschaft „Danke“ für den Besuch und wünschen dann einen guten Sommer auf der Alp!

Unser Bild: Blick von der Waschküche aus zur Halde mit den Schafen.

Wenn man in Finken zur Sitzung erscheinen darf

Weil das Thema „Genossenschaftliches Wohnen“ in Chur noch ziemlich neu ist ergeben sich in Gesprächen mit Aussenstehenden immer wieder etwa solche Fragen: „Wie seid ihr eigentlich organisiert? wer markiert bei euch den Chef? was, wenn es Meinungsdifferenzen gibt?“ Nun, gerade gestern trafen wir uns wieder im Gemeinschaftsraum zu einer BO (Abkürzung für Bewohner*innen-Organisation – also zu einer Sitzung). Diese findet monatlich mit wechselnder Leitung statt. Gestern also führte Claudio durch die Traktandenliste und Heidi tippte das Protokoll.

Die Themen sind wie überall, wo Menschen verschiedener Generationen und Herkunft unter einem Dach leben. Es ist wichtig, wo Plastikabfälle entsorgt werden sollen, aber auch wie die Kommunikation zwischen Vorstand, Geschäftsstelle und Mietenden am einfachsten funktionieren kann. Und wer bitte hat noch ein paar Sändelisachen für den Sandkasten draussen?

Im Mittelpunkt stand gestern jedoch der Ablauf des Handwerkerfestes von nächster Woche. Alle, die hier an den Umbauten beteiligt waren, sollen geehrt werden. Das seien gut und gerne neunzig Leute, wie Hansjörg meldete. Und diesen Bauleuten soll am Freitag ein tolles Fest geboten werden mit Musik, Ansprache auf Deutsch und Italienisch, Essen vom Grill und Geschenk für jeden einzelnen. Klar, dass diese Logistik bis zum „Kuchenbuffet aktualisieren“ herausfordernd ist.

Alsdann konnte man auch „Varia“ abhaken und zum Apéro übergehen. Diesen Sitzungsausklang liebe ich jeweils sehr, denn es wird ganz schnell ein Buffet mit hausgemachten Leckereien aufgestellt, und aus dem kleinen Kühlschrank (ein Bodenmodell) kommen Bier, Weisswein und Säfte hervor. Da wird dann noch eine Weile geplaudert, und zurück in die eigene Wohnung geht es ja bequem in den Finken. Unsere Sitzungen sind wirklich wie ein Familienrat, wo es sich jede Person gemütlich machen darf. Das Foto sagt dazu wohl alles.

Trockenmauer für unsere Halde

Ganz „fertig“ ist das Haus an der Planaterrastrasse 11 wohl noch lange nicht. Zwar sind wirklich alle Wohnungen besetzt, das Restaurant KulturPunkt ist in Betrieb und bald – am 13. Mai – findet das Einweihungsfest der Genossenschaft statt. Ob man dann wohl auch schon auf der Halde hinter dem Haus promenieren kann?

Die Halde ist nämlich das steile Stück Wiesland, auf dem bis jetzt nur einige Obstbäume stehen. Hier hat unsere Gartengruppe so einiges vor: es sollen Sitzplätze und Gemüsebeete angelegt werden, Beeren und seltene Apfelbaumsorten sind vorgesehen, die wilden Schneeglöcklein sollen weiter blühen und sogar von Schafen, die hier demnächst weiden, ist die Rede. Um dies alles zu realisieren braucht es erst eine Planung und dann den Einsatz von Bagger, Steinen und einem Auto mit Ladebrücke. Manuel (Chef der Arbeitsgruppe), Renazio und José Maria sind seit Tagen daran, Erdmaterial wegzuräumen. Die drei sind bei Schutz Gartenbau Filisur angestellt und errichten derzeit eine Trockenmauer mit Material, das aus dem Steinbruch bei der Solisbrücke Tiefenkastel stammt. Es ist sogenannter Alpenkalk, der aber nicht schön passend angeliefert wird. Vor Ort wird er mit einem Hammer behauen, bleibt jedoch sehr gewichtig und höchst unförmig. Es ist die Kunst der drei aus Italien stammenden Fachleute, aus diesen Steinen eine Trockenmauer zu bauen, die auch ohne Mörtel zusammenhält und vor allem sehr schön aussieht.

Die Gartenfrauen mögen jedoch kaum warten, bis sie mit der Bepflanzung beginnen können. Heute wollte schon mal Christine mit einem Kräuterkorb am Arm das Einpflanzen starten. Aber stopp: bergseits entlang der Mauer soll nämlich noch ein elektrisches Kabel in die Erde verlegt werden, dazu kommen ein paar Beleuchtungskörper – damit wir auch beim Eindunkeln sicher von der Halde zurück ins Haus gelangen können.

Jetzt ist auch der KulturPunkt offen

Am letzten Samstag war ja schwer was los auf dem Gelände Planaterrastrasse 11. Das mit so viel Neugier erwartete Restaurant KulturPunkt wurde eröffnet – Musik und Tanz, Essen und Schwatzen, Gäste und viele fleissige Bienchen, die den Festtag zum Laufen brachten.

Allerdings gab es wirklich nur das Erdgeschoss des Hauses, das man besichtigen konnte. Die Türen zum Treppenhaus und Lift lassen sich nämlich nur mit Schlüssel öffnen. Dabei waren ja etliche Leute aus Chur gespannt, wie wir Genossenschafter/innen uns weiter oben im „Chemiehaus“ eingerichtet hatten. Man hat nämlich in der Stadt so gut wie keine Erfahrung mit genossenschaftlichem Leben. Wie läuft der Alltag ab zwischen Privat und Gemeinschaftlich? Könnten wir uns das auch vorstellen? Nun, ich wurde gleich mehrmals für eine Führung durchs Haus angefragt.

Und das habe ich gern gemacht: erst einmal ging es in meine kleine Wohnung mit dem herrlichen Blick in die Weinberge und hinauf zur Kathedrale. Da bekamen meine Freunde ja schon glänzende Augen und waren des Lobes voll. Dann der schöne getäferte Gemeinschaftsraum mit der Bibliothek: hier also trefft ihr euch zu euren Sitzungen? Ja, oder wie kürzlich zu einer Geburtstagsfeier! Auch so profane Dinge wie Waschküche und Putzraum wollten besichtigt werden, samt dem Schrank im Gang, der allen Kleinkram aufnimmt.

Aber dann in den Estrich! Der herrliche Dachstuhl ist ja voll erhalten, und anstatt dass es Gehäuse um jeden Anteil gibt, hält sich jede Wohneinheit an ihren am Boden eingezonten Bereich. So türmen sich hier halt Kisten und Koffer, Sportsachen und Spielwaren.

Am Samstag, 13. Mai, gibt es dann offiziell Gelegenheit, den Wohnbereich Planaterra11 zu besichtigen! Bis dann kann man sich jedoch schon mal ausgezeichnet verpflegen in dem wunderbaren Restaurant KulturPunkt. Heute zum Beispiel habe ich dort ein crèmiges Bärlauchrisotto mit grünen Spargeln gegessen. Alternativ gab es ein Kalbsragout mit Kartoffelstock und Gemüse. En Guete!

Das Chemiehaus ächzt hie und da

Das hätte sich das alte Chemiehaus des Kantons ja nicht träumen lassen – dass es im Jahr 2023 zu einem quicklebendigen Wohnhaus wird. Auf einmal geht es nicht mehr um Lebensmittelkontrollen, nicht mehr um Musterschulen, sondern nur noch um ein genossenschaftliches Zusammenleben. Die Menschen, die früher hier täglich ins Labor oder Büro zur Arbeit gingen, sind ausgezogen in das neue Verwaltungszentrum „Sinergia“ in Chur Süd. Ein paar Jahre war die im Volksmund als „Chemiehaus“ bekannte Liegenschaft dann unbenutzt, bis sie als „Genossenschaft Planaterra11“ zu wirklich neuem Leben erwacht ist.

Und dieses „Erwachen“ dauert ja noch an, hauptsächlich, was die Umgebung anbetrifft. Niemand unter den Aussenstehenden glaubte ja im Ernst, dass die fünfzig bisherigen Parkplätze tatsächlich zugunsten einer Grünanlage aufgehoben werden. Aber so ist es wirklich: derzeit werden Pappeln und Lindenbäume gepflanzt, es wird Humus herbei geschafft, Blumenrabatten sind vorgesehen….

Nur manchmal ächzt das Haus etwas unter den Veränderungen. So etwa bei den Fensterstoren: diese konnten ja aus der alten Baumasse gerettet werden. Kosteneinsparung – sie mussten nicht durch neue ersetzt werden. Aber nun, nachdem die Storen lange Zeit einfach nicht bewegt worden sind, passt ihnen das tägliche Auf- und Abkurbeln gar nicht. Es ist eine Gymnastik, an welche die Lamellen und die Getriebe nicht mehr gewöhnt sind. Also bocken einige von ihnen – auch in meiner Wohnung blieben die Storen einfach oben hängen. Die Geschäftsführerin musste Fachleute bestellen. Diese sind heute auf die Leiter gestiegen, mussten den Storenkasten öffnen, ziemlich rütteln, dann das Getriebe etwas mit Öl besprühen, und jetzt laufen die Storen wieder „wie geschmiert“.

So ist das halt in einem über hundert jährigen Haus. Aber ich glaube fest, dass sich die alten Mauern über den neuen Betrieb sehr freuen!

Auf dem Bild: Nicht Einbrecher, die übers Fenster steigen, sondern Storen-Fachleute!

Dies ist mein erster Blog aus Chur

Guten Abend meine lieben bisherigen Follower und herzlichen Gruss an die Neuen! Als einstige Journalistin und gelernte Fotografin kann ich ja das Schreiben auch am neuen Wohnort nicht lassen. Es musste damit gerechnet werden, dass ich weiterhin Gedanken und Bilder verbreite – aber keine tiefschürfenden oder langatmigen Sachen, versprochen. Sondern just das, was man halt rund um das genossenschaftliche Wohnen so erleben kann.

Das war aber schon ganz schön viel im Monat Februar! Denn nicht wie in einem längst bewohnten Haus gab es einen fliessenden Wechsel von Bisherigen und Neuen, sondern es wurden quasi alle 16 Wohnungen innerhalb von etwa drei Wochen bezogen. Menschen, die ich vorher noch nie gesehen hatte, fragten freundlich: „Hallo, bist du die Susi?“ Jetzt sollte ich mir also so viele neue Namen merken, und das in meinem Alter. Ha, aber wir hatten immerhin schon eine Party mit jenen beiden, die ihren Geburtstag im Februar feiern! Und sonst weiss ich einfach mal sicher den Namen unseres Hauswarts: Jonathan. Er hat mir den Gebrauch der Waschmaschine erklärt, die mit einer aufgeladenen Karte in Gang gebracht wird.

Rund ums Haus und auch in den Gängen ist allerdings noch gröbster Bauplatz. Da sind Bauleute aus vielen Branchen zugange, es gibt Lärm und Staub. Und dennoch auch hier Erfreuliches: gestern wurde der neue Brunnen angeliefert. Es ist ein Monolith von grösserem Ausmass, aber mit nur wenig Tiefe. Wohl deshalb, damit Kinder gefahrlos darin plantschen und auch Grosse ihre Füsse baden können. Wie soll denn der Brunnen benamst werden? Dazu läuft jetzt ein Wettbewerb auf Facebook oder hier zum Abrufen: https://forms.gle/zBCTZiUr1gGTuMgp7

Alles klar? hier schon einmal ein Foto dieses schönen Sprudelobjektes.

Der Brunnen an der Planaterrastrasse 11.

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